2008 brachte ich unsere erste Tochter zur Welt. Zwei Jahre und drei Monate darauf unsere zweite Tochter. Wir wollten immer viele Kinder, daher war uns klar, dass nach zwei nicht Schluss sein konnte. Da ich das Leben mit zwei kleinen Kindern jedoch recht anstrengend fand, brauchte ich erstmal eine Pause, so dass unser Sohn erst vier Jahre später in unsere Familie geboren wurde.
Ich war also bei den Geburten meiner Kinder 27, 30 und 35 Jahre alt. Bei der letzten Schwangerschaft habe ich mich als ältere aber nicht zu alte Mutter empfunden. (Ich weiß, alles subjektiv. Ich war da auch sehr von meiner eigenen Mutter geprägt, die mich in den 80er Jahren mit 35 Jahren bekam und das als uralt empfand.)
Mein Mann und ich sprachen über Verhütung, auch über Sterilisation (furchtbares Wort, oder?) und obwohl mein Kopf mir sagte, dass eine erneute Schwangerschaft ausgeschlossen war, sagte mein Herz ganz klar „Nein“ zu einer so unwiderruflichen Methode.
So kam es, dass mir im Sommer 2021 auf dem Weg zur Arbeit eine wohlbekannte Übelkeit begegnete. Eigentlich war mir sofort klar, dass ich schwanger war. Ich konnte es nur irgendwie nicht glauben.
Ich war hin und hergerissen zwischen Freude und Angst. Angst die, dass ist mir mittlerweile bewusst, von außen an mich heran getragen wurde. Mein Alter, vier Monate vor der Geburt würde ich meinen 40. Geburtstag feiern, die Tatsache dass ich mich gerade als Heilpädagogin selbständig gemacht hatte und ein unterbewusstes Gefühl, dass vier Kinder in unserer Gesellschaft und zu dieser Zeit einfach nicht angebracht waren.
Liest sich das komisch für dich? Für mich mittlerweile auch. Ein Anruf bei meiner Gynäkologin, kurz nach dem positiven Schwangerschaftstest, verstärkte das Gefühl von „Ich bin falsch“ noch zusätzlich:
„Hallo. Ich hätte gerne einen Termin. Ich hab einen positiven Schwangerschaftstest.“
„Ja, klar. Ich sehe hier ihre Daten. …….Wollen Sie das Kind behalten?“
Diese Frage hat mich zutiefst getroffen. Leider war ich zu dem Zeitpunkt nicht in der Lage, die Arztpraxis als nicht kompetent im Umgang mit Menschen zu sehen, sondern ich habe die Schuld bei mir gesucht. Den Gynäkologen habe ich trotzdem sofort gewechselt.
Leider habe ich aufgrund dieser falschen Bilder in meinem Kopf meine Schwangerschaft nicht 100% genossen. Das ist es, was ich hätte tun sollen. Das Wunder in meinem Bauch zu feiern. Stattdessen mischte sich immer wieder Scham in meine Freude. Was für ein mieser und gemeiner Plan des Teufels.
Zum Glück konnte ich dies alles mit der Geburt unseres verspäteten Wunschkindes ablegen. Ihn habe ich von Anfang an voller Stolz durchs Leben getragen. So wie er es verdient hat. So wie jedes Kind auf diesem Planeten es verdient hat.
Im letzten Jahr, war in unserem Zuhause öfters mal die Stimmung im Keller. Die Auswanderung hat uns in mancher Hinsicht ganz schön an unsere Grenzen gebracht. Und immer wieder ist es Jona, der uns sofort raus holt aus schlechten Gedanken, weil er einfach so wahnsinnig niedlich ist.
Und nicht nur das. Er hat gefehlt. Weil jetzt fühlt sich unsere Familie komplett an.