Es ist Sonntagmorgen. Mein kleiner Sohn ist krank und ich schaue mit ihm Bilderbücher an. Plötzlich empfinde ich eine tiefe Traurigkeit und Tränen rollen mir über die Wangen.
Was ist los?
Es sind heute dieselben Bücher, die ich mit dem Kleinsten anschaue, wie 13 Jahre vorher mit meiner ältesten Tochter. Das war um 2010.
Damals hatte ich noch kein Smartphone bzw. es war alles ganz am Anfang und das Smartphone wurde genutzt um im Netz zu surfen und Fotos zu versenden. Es befand sich alles noch sehr in den Startlöchern. Social Media gab es in Form von Facebook aber auch diese Plattform war im Gegensatz zu jetzt noch sehr unausgereift.
Dies hatte zur Folge, dass ich mein Mobilphone selten nutzte. Vielleicht wird das hier jetzt so ein „früher war alles besser“ Text.
Dadurch, dass ich vier Kinder mit einem Altersabstand von 12 Jahren zwischen dem ältesten und dem jüngsten Kind habe, sehe ich in dem Zusammensein mit den Kindern gravierende Unterschiede. Erschreckende Unterschiede.
Seit ich begonnen habe mit dem Kleinsten unsere alten Bilderbücher anzuschauen, überkamen mich immer wieder sehr nostalgische Gefühle. Anfangs dachte ich, dass es die Gedanken an das erste Kind, die damals noch junge Liebe zwischen meinem Mann und mir oder sonst etwas in die Richtung war, die meine Stimmung kippen ließen.
Doch jetzt bin ich der Sache auf die Spur gekommen.
Als ich dieselben Bücher mit meiner Tochter anschaute, war ich präsent.
Ich bin eingetaucht in die Bilder und Geschichten, habe mich zu Pettersson und Findus ins Holzhaus gesetzt, den Kaffee gerochen und die Pfannkuchentorte probiert.
Wenn ich die Bücher jetzt anschaute, ist es langweilig für mich.
Unterbewusst sehne ich mich nach meinem Handy, um mir einen neuen Dopaminschuss zu gönnen.
Immer ist das Smartphone dabei. Um Videos und Fotos von den Kindern zu machen (noch jemand hier, der komplett den Überblick über die Bilderflut verloren hat?), um mir die Zeit zu vertreiben wenn ich an der Bahnschranke warte, sogar während ich einen Film anschaue, ziehe ich zwischendurch mein Handy aus der Tasche um einen Blick darauf zu werfen.
Und was mir noch aufgefallen ist, ich habe früher nicht so verglichen.
Ich kann keine Plätzchen mehr backen ohne vorher das beste Rezept zu suchen, mir keinen Stift mehr kaufen ohne zu recherchieren. Die Küchengeräte, Badezimmerteppiche, Bilder an der Wand werden sorgfältig ausgesucht, denn wenn ich schon Geld ausgebe, dann für den meisten Mehrwert und die größte Ästhetik.
Also, was ist es, dass mich traurig macht beim Anschauen der Bilderbücher?
Ich weine über verlorene Lebenszeit und fehlende Präsenz.
Darüber, dass ich den Lügen des Internets Glauben geschenkt habe.
Ich ärgere mich über FOMO und Dopaminsucht.
Ich empfinde Schmerz darüber, was ich meinen Kindern vorenthalte.
Und ich freue mich, genau das erkannt zu haben
Ich bin dankbar meinen Gefühlen auf die Spur gekommen zu sein.
Ich weiß, es gibt einen Weg zurück.
Wie geht es dir mit der Nutzung deines Smartphones?
Dient es dir oder eher du ihm?
Kennst du ähnliches Verhalten aus deinem Leben?
//Friederike
Und noch einen Tipp für unterhaltsame Wimmelbücher durch alle Jahreszeiten. Hier.