Blog Schweden

Schule – Skola

Viele interessieren sich für das schwedische Schulsystem, daher kommt hier eine kleine Zusammenfassung unser bisherigen Erfahrungen.

Immer wieder höre ich von befreundeten Müttern aus Deutschland, dass sie unglücklich mit der Schule ihrer Kinder sind. Vor allem ab Klasse 5, nach dem Wechsel in die weiterführende Schule tritt Unzufriedenheit ein.

Meine persönlichen Erfahrungen aus Deutschland sind durchwachsen. Ich habe ein Kind, dass sich bereits in der Grundschule gestresst hat, weil ihm das Pensum zu viel war.

Fast jeden Tag habe ich der Lehrerin eine Notiz schreiben müssen, dass mein Kind mit den Hausaufgaben nicht fertig wurde und wir nach einer Stunde abgebrochen haben. Das Kind war unzufrieden und fühlte sich zunehmend als Versager. Ich versuchte den Druck abzubauen, den die Lehrerin beharrlich ausübte. Das Corona und Homeschooling Thema lasse ich hier außen vor, da es bekanntermaßen den Rahmen sprengt. Irgendwie haben wir auch das geschafft und landeten schlußendlich in Schweden. In einem völlig andern Schulsystem. Um es vorweg zu nehmen, mein Kind geht hier gerne zur Schule. In Deutschland hatte es oft Bauchschmerzen. Und das Fach, dass in Deutschland zu Versagensängsten führte, macht hier keinerlei Probleme.

Mein anderes Kind lernte schon immer mit Leichtigkeit, nur durch zuhören, und war durchgehend Klassenbester.

Das änderte sich allerdings rapide als es von der Grundschule aufs Gymnasium wechselte. Da ihm in der Vergangenheit die Lerninhalte zuflogen, war die Anforderung nach acht Stunden Schule noch zwei Stunden zuhause zu lernen, um den Lehrstoff zu vertiefen, eine vollkommende Überforderung. Nachdem wir unser Kind einige Monate beobachteten und feststellten, dass seine schlechte Laune sich zunehmend in Aggressionen äußerte, beschlossen wir gemeinsam einen Schulwechsel.

So wechselte das Kind auf die Gemeinschaftsschule. (Wir lebten in Baden-Württemberg.) Dort war das Lernen ein Klacks und die Freude und Hobbies kehrten zurück. Das Problem an dieser Gemeinschaftsschule, und ich denke es ist in den meisten so, war, dass die Eltern deren Kind eine Gymnasiumempfehlung hat, die Gemeinschaftsschule nicht als Alternative sehen. Und so ist ein lernbegieriges Kind auch dort nicht am besten Platz und schlimmstenfalls sogar ein Aussenseiter. Das war bei uns nicht so. Unser Kind fühlte sich wohl. Dann zogen wir nach Schweden.

Das schwedische Schulsystem beinhaltet die Grundschule (Grundskola), die von der 1. bis zur 9. Klasse geht. Alle Schüler gehen zusammen in eine Klasse. Es wird nicht nach Bildungsstand sortiert. Eine wahre Gemeinschaftsschule also. Noten gibt es erst ab Klasse 6, daher kann man auch nicht sitzen bleiben. Alle Kinder essen in der Schule Lunch. Dieses Essen und alle Lernunterlagen (Bücher, Hefte, Stifte und sogar Ausflüge) werde von der Kommune getragen. Die Schule muss für alle kostenlos sein. Gleichstellung wird hoch geschrieben. Wohnt ein Kind weiter als 3,6 km von der nächstliegenden Schule entfernt, kommt ein Bus, der das Kind am Morgen abholt und am Mittag/Nachmittag wieder nach Hause bringt. Auch das kostenfrei. Schulzeiten sind für die Kleinen 8-13 Uhr, für die Mittelstufe 8- 4.15 Uhr und für die Älteren 8-15 Uhr. Wobei es zeitlich auch Graustufen gibt.

Was ich wirklich erstaunlich fand war, dass das (kostenfreie) Schulsystem uns sofort aufgenommen hat. Ohne Personennummer. Wir hatten zu diesem Zeitpunkt noch nicht mal eine Samordingsnummer (braucht man um in Schweden registriert zu sein). Auch der Bus kam ab Tag eins.

Inside the School läuft auch alles prima. Wie gesagt, mein Mathe-Kind hat plötzlich keine Probleme mehr in Mathe. In Deutschland hatten wir zwei Jahre Nachhilfe. In der Grundschule! Die Lehrer sind sehr freundlich und zu Beginn, als uns noch die Sprachkenntnisse fehlten, wurde uns ein Übersetzer für offizielle Gespräche gestellt.

Die Lehrer scheinen an den Kinder als Menschen interessiert zu sein. Noten spielen nicht die Hauptrolle. Als die Schule ein Talent für alles künstlerische an meinem Kind entdeckte, wurde ihm angeboten eine Wand im Raum des Schulsozialarbeiters zu gestalten, wo sich die Schüler auch in der Pause aufhalten können und was eine große Wertschätzung bedeutet. Dem anderen Kind wurde bei einer Schulaufführung die Hauptrolle zugedacht, als wir erst einige Monate im Land waren. Damals musste ich weinen, weil ich so berührt davon war wie sehr die Lehrer sich bemühen meinen Kindern Wertschätzung zu vermitteln.

Was auch interessant ist, bei der Lehrerkonferenz am Ende des Schuljahres, müssen die Lehrer geradestehen, wenn ein Schüler speziell in ihrem Fach schlecht abschneidet. Die Verantwortung die Bildung zu vermitteln liegt beim Lehrer. Nicht beim Schüler oder wie ich in Deutschland oft empfand, bei den Eltern.

Nach 9 Jahren endet die Schulpflicht. Trotzdem gehen die meisten Kinder anschließend ins Gymnasium. Was aber mit dem deutschen Gymnasium nicht vergleichbar ist. Nur der Name ist gleich.

Dort wird auf das Abitur hin gearbeitet, parallel ist es aber möglich einen Beruf zu erlernen. Es gibt beispielsweise Gymnasien für handwerkliche Berufe (Schreiner, Elektriker, Frisör…), Gymnasien mit kreativem Schwerpunkt und auch Wirtschaftsgymnasien. Die Kernfächer: schwedisch, eine zweite Fremdsprache und Mathe werden überall mit dem gleichen Stundenkontingent unterrichtet. Die anderen Fächer variieren je nach Schwerpunkt.

Grundsätzlich ist Bildung in Schweden immer gratis. Auch wenn ich mich jetzt entscheide die Uni zu besuchen, fallen keine Kosten an. Ein Studentendarlehen, um die Lebenshaltungskosten zu begleichen, steht jeder in Schweden lebenden Person offen und ist unabhängig vom Einkommen der Eltern. Auch hierfür ist der Wunsch nach Gleichstellung ausschlaggebend. Das allgemein gültige schwedische „Du“ (+ Vornamen) ist auch ein Wert, der dazu beiträgt sich Klassengesellschaften entgegen zu stellen.

Zusammengefasst bin ich vom schwedischen Schulsystem mehr als begeistert. Auch meine Kinder fassen ihre Freude in Worte.

„Die Lehrerinnen sind so nett, die nehmen die Kinder auch oft in den Arm.“ (Klasse 6 wohlgemerkt!)

„Die Lehrer sind so menschlich. Die erzählen auch ganz normal von sich.“

„Draußen hats geschneit und dann ist der Lehrer mit allen die wollten kurz raus Schneeflocken fangen.“ (Klasse 8)

Digitalisierung ist ein Thema in ganz Schweden, was ich hier ausgespart habe. Dazu ein eigener Beitrag. Aber weil ich weiss, das das für Einige wichtig ist.

Jedes Kind an schwedischen Schulen bekommt ab Klasse 3 ein Chromebook zur Verfügung gestellt, das es in der Schule und auch Zuhause nutzt. Da es aber keine Hausaufgaben gibt, eher in der Schule. Dieser Laptop darf auch privat genutzt werden. Es befindet sich ein gut funktionierendes Jugendschutz Programm auf dem Gerät. Ich finde es trotzdem nicht so gut, dass die Kinder durch die Schule Zugang zum Internet haben, den wir in der Form nicht gestattet hätten. Digitale Erziehung ist und bleibt heutzutage jedoch ein Thema um das wir nicht drumherum kommen. Wir können die Kinder nicht fern halten und tragen trotzdem die Verantwortung.

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